Deutschland ist in der Windenergie Marktführer. Doch ein Problem lässt sich nicht in den Griff bekommen: Wind weht, wann er will. Das Deutsche Windenergie-Institut ist optimistisch. Die Hersteller von Windenergieanlagen können nach Meinung der Experten auf ein stabiles Wachstum ihres Marktes bauen. Die installierte Leistung wird nach einer Prognose des Instituts von gegenwärtig 59.000 Megawatt auf rund 210.000 Megawatt Jahr 2014 steigen. Ein Wachstum allerdings, das vor allem außerhalb Europas erzielt wird.

Acht Cent pro Kilowattstunde
Mit rund acht Cent pro Kilowattstunde wird Strom aus Windkraft dank des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zurzeit in Deutschland vergütet. Preiswert ist das nicht: An der Leipziger Strombörse kaufen die Großen der Branche den Strom etwa für die Hälfte ein.

Marktlokomotive Deutschland
In Deutschland, das jahrelang so etwas wie die weltweite Marktlokomotive für den Ausbau der Windenergie war, hat sich das Wachstum etwas abgeschwächt. Mit mehr als 1800 Megawatt neu installierter Leistung 2005 bleibt Deutschland allerdings der größte Markt in Europa, wo insgesamt Anlagen mit mehr als 6300 Megawatt Leistung installiert wurden.

Rückgang gegenüber Vorjahr
1049 Windenergieanlagen wurden in Deutschland neu installiert; ihre Gesamtleistung liegt bei 1808 Megawatt. Was beeindruckend klingt, ist in Wirklichkeit ein leichter Rückgang gegenüber 2004, als noch 2037 Megawatt ans Netz gingen.

Windkraft in Zahlen
23 Prozent hat der Ausbau der Windkraft im vergangenen Jahr weltweit zugelegt – ein Marktvolumen von zehn Milliarden Euro. Rund die Hälfte davon ging auf das Konto deutscher Unternehmen. Die Zahlen lassen sich auch ganz konkret in Strom übersetzen: Zum Vergleich: Weltweit bauten deutsche Windkraftanlagenbauer 17.574 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 18.400 Megawatt auf – elf Prozent mehr als noch 2004. Mittlerweile hängen 45.000 Arbeitsplätze an der Windenergie. 2005 war das bisher erfolgreichste Jahr in der Geschichte der deutschen Windenergiebranche.

Zukunftshoffnung Offshore
Das größte Potenzial für die Zukunft versprechen sich Forscher wie Hersteller von Windparks auf offener See – so genannte Offshore-Parks. Elf von ihnen, ausgestattet mit 779 Turbinen, hat das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie bisher genehmigt. Die von ihnen erzeugte Energie würde der dreier großer Kernkraftwerke entsprechen. 80.000 Megawatt sollen weltweit bis 2020 auf hoher See erzeugt werden, 15.000 davon allein auf Nord- und Ostsee.

Optimistischer Blick in die Zukunft
Als Industriebranche könne der Windanlagen-Bau sehr optimistisch in die Zukunft sehen, sagt Thorsten Herdan vom Verband Deutscher Maschinen- und Anlagebau gegenüber der Deutschen Presseagentur. "Ich kenne keine andere Industriebranche, die bis 2014 jedes Jahr acht Prozent Wachstum erwarten kann." Die deutschen Hersteller, die den halben Weltmarkt beherrschen, können den größten Teil ihrer Produktion exportieren. Sie profitieren davon, dass die Windenergie preisgünstiger und gleichzeitig andere Energieträger teurer werden. Und neben der Produktion wächst mit jedem Jahr der Nutzung der Windkraftanlagen ein weiteres Standbein heran: Im Service- und Wartungsgeschäft liegt noch eine Menge Potenzial.

Verzögerungen und Probleme
Allerdings wachsen gerade die Offshore-Parks nicht so schnell in den Himmel, wie die Pläne der Hersteller dies vorsehen. Der Aufbau der Parks wird sich um mindestens zwei Jahre verzögern. Dass es nicht vor 2008 zu nennenswerten Bauaktivitäten auf dem Wasser kommt, hat mehrere Gründe. Da sind neben technischen Problemen die Bedenken der Umweltschützer. Aber auch der Erfolg wird zum Problem: Die weltweit steigende Nachfrage lastet die Fertigungskapazitäten der Hersteller aus.

Auf dem Land werden die Flächen knapp
Der Bundesverband Windenergie ist für das Deutschlandgeschäft seiner Mitgliedsunternehmen skeptisch. Die Diskussion über die Machbarkeit und Umweltverträglichkeit der so genannten Offshore-Parks auf hoher See dauert an; und auf dem Land werden die windreichen Flächen knapp. Auch das Geschäft mit effizienteren und rentableren Ersatzanlagen hat noch keine nennenswerte Größe erreicht.

Der Wind ist unberechenbar
Das vielleicht größte Problem der Windkraft ist der Wind selbst, weil er nur bedingt berechenbar ist. Die Windkrafträder liefern nur dann Strom, wenn der Wind stark genug ist. Weht er zu schwach, liefern die Anlagen zu wenig, dann muss der Netzbetreiber Strom aus konventioneller Erzeugung nachschießen - und das kostet Geld.

Forscher sind skeptisch
Das Marktforschungsinstitut Prognos äußert in einer Studie für das Bundeswirtschaftsministerium skeptisch. Danach eignet sich die Windkraft nicht, Gas als Energielieferant zu verdrängen. Im Gegenteil: Mehr Gaskraftwerke wären ihren Berechnungen nach notwendig, um die konstante Energieversorgung bei schwankenden Winden sicher zu stellen.

Nur ergänzende Rolle prognostiziert
Insgesamt zeigen sich die Prognos-Wissenschaftler deutlich skeptischer als die Branche, die in ihrer "Essener Deklaration" davon ausgeht, dass 2020 der Anteil der Energie aus Wind, Sonne, Biomasse und Geothermie 20 Prozent beträgt. Prognos hingegen gesteht diesen Energien nur eine ergänzende Rolle zu, traut ihnen bis zum Jahr 2030 nur ein Potenzial von 11,5 Prozent am Primärenergieverbrauch zu.

Bessere Vorhersagen
Dauerhaft ausreichenden Wind kann die Natur nicht garantieren, aber das, was sie liefert, kann man besser vorhersagen. Das Institut für Solare Energieversorgungstechnik in Kassel hat zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst und den Energieversorgern Eon und Vattenfall ein System entwickelt, mit dem sich die Windleistung bis zu drei Tage vorhersagen lässt. Die Idee hinter der Idee: Je berechenbarer, je effizienter alternative Energien für die großen Energieversorger werden, desto größer ist auch ihre Akzeptanz gegenüber alternativen Energien.

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Foto: Dirk Goldhahn