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Solar-, Wind- und Wasserkraft sind
bekannt. Zu den unerschöpflichen Energiequellen zählt aber auch die
Erdwärme. Beginnen wir mit einer Definition: Geothermie ist die unterhalb
der festen Oberfläche der Erde gespeicherte Wärmeenergie.
Überall verfügbar
Die Erde als Energielieferant hat aus heutiger Sicht gegenüber den
Energieträgern Sonne und Wind entscheidende Vorteile. Auch wenn sie in den
verschiedenen Regionen der Welt unterschiedlich stark ausgeprägt und
erreichbar ist, so ist sie lokal betrachtet überall und konstant verfügbar
und aus heutiger menschlicher und wissenschaftlicher Sicht unerschöpflich.
Riesiges Potenzial
Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung des Deutschen Bundestages kommt zu
dem Schluss, dass das technische Potenzial der geothermischen Stromerzeugung
in Deutschland beim 600-fachen des deutschen Jahresstrombedarfs liegt.
Was alles möglich wäre
Im Jahr 2005 verfügten geothermale Kraftwerke weltweit über eine
installierte Leistung von rund 8900 Megawatt Strom und geothermale
Heizanlagen über 16.000 Megawatt. Mit den heute bekannten Ressourcen nur der
hydrothermalen Geothermie könnten nach Berechnungen des
Geo-Forschungszentrums Potsdam rund 29 Prozent des deutschen Wärmebedarfs
gedeckt werden. Rechnet man die oberflächennahe Geothermie noch hinzu,
könnten weitere 28 Prozent abgedeckt werden. Und: Keine Wolken können sich
vor die Erdwärme schieben, keine windschwachen Tage die Auslastung von
Rotoren verhindern.
Ideal zur Absicherung des Grundlaststroms
Oder anders gesagt: Erdwärme unterliegt keinen tages- und jahreszeitlichen
Schwankungen und wäre somit für die Zukunft eine ideale Alternative zur
Bereitstellung des so genannten Grundlaststroms. Für diesen werden heute vor
allem noch Kohle und Atom genutzt, da Wind und Sonne nicht konstant genug
zur Verfügung stehen und dadurch nur schwer zu kalkulieren sind.
Drei Grad je 100 Meter
Geothermie hingegen zeichnet sich durch ein hohes Maß an Berechenbarkeit
aus. Das Prinzip ist weltweit identisch: Je tiefer man in die Erde
vordringt, desto wärmer wird es. In Deutschland gilt die Faustformel: Pro
100 Meter, die man in die Tiefe geht, wird es rund drei Grad wärmer.
Bei sieben Kilometer ist Schluss
Das komplette Energiepotenzial anzuzapfen ist aber – trotz aller bereits
erfolgreich umgesetzten Projekte – noch weitgehend Utopie. Bei rund sieben
Kilometer Tiefe endet zurzeit die Möglichkeit einer Bohrung. Dies ist aber
bereits tief genug, um Energie zu gewinnen. Denn für die technische Nutzung
zur Stromerzeugung benötigt man Heißwasser von mindestens 100 Grad.
Ab drei Kilometer Tiefe wird es interessant
Bei der oben genannten Formel von drei Grad je 100 Meter Bohrungstiefe kann
man in Deutschland die benötigten 100 Grad bereits ab drei Kilometer Tiefe
erreichen. Die in einem Gesteinsblock mit einer Kantenlänge von 1x1x7
Kilometern gespeicherte Wärme entspricht nach Aussagen des Bundes der
Energieverbraucher etwa zehn Prozent des deutschen Jahreswärmebedarfs.
Erde als Heißwassererzeuger
Wie aber kommt man an diesen Energieschatz heran? Zwei Bohrungen werden im
Abstand von ein bis zwei Kilometern in die Erde getrieben. Mit einem Druck
von bis zu 80 bar wird 30 bis 50 Grad warmes Wasser durch die eine Bohrung
gepresst und kommt, nachdem es das warme Gestein durchlaufen hat, bei der
anderen Bohrung mit einer Mindesttemperatur von 100 Grad wieder an.
Was die Erde täglich abstrahlt
Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass im Erdkern Temperaturen von 5000
bis 6000 Grad erreicht werden. Temperaturen, die die Erde zum
Energielieferanten machen. Auch wenn wir nur die Sonne als Wärmeträger wahr
nehmen, so produziert die Erde selbst ohne menschliches Zutun enorm viel
Energie – ohne dass wir es spüren. Täglich strahlt die Erde rund das
Vierfache der Energie ungenutzt in den Weltraum ab, die wir Menschen Tag für
Tag benötigen.
Ständiger Zerfall im Erdmantel
Von dieser enormen Energiemenge schaffen es allerdings nur 30 Prozent vom
Erdkern an die Oberfläche. 70 Prozent der Energie werden viel näher an der
Erdkruste produziert, entstehen durch den ständigen Zerfall natürlicher
radioaktiver Elemente in Erdmantel und -kruste. Und vor allem diese Energie,
die in greifbarer Fördertiefe entsteht, ist für eine industrielle Förderung
der Energie von Interesse.
Zwei Verfahren
Grundsätzlich lassen sich aus diesen Rahmenbedingungen zwei Verfahren der
Energiegewinnung aus der Erde ableiten. Die bisher häufigste und auch
augenfälligste Nutzung der Erde als Energielieferant funktioniert über
Dampf- und Heißwasserlagerstätten. Diese hydrothermale Geothermie nutzt die
im Untergrund natürlich vorkommenden Thermalwasservorräte. Das heiße Wasser
wird über eine Förderbohrung an die Oberfläche gebracht, gibt den
wesentlichen Teil seiner Wärmeenergie per Wärmetauscher an einen zweiten
Heiznetzkreislauf ab und wird von dort – deutlich kühler, wieder in die Erde
zurückgepumpt, um sich dort wieder zu erwärmen.
Heißes, trockenes Gestein
Auch wenn es der Name nicht verrät, so ist auch beim Hot-Dry-Rock-Verfahren,
dem "heißen, trockenen Gestein", Wasser im Spiel. Das in der Tiefe
vorhandene heiße Gestein wird über Bohrungen erschlossen. Dann wird von der
Erdoberfläche aus Wasser in diese mit Hohlräumen und Fließwegen durchzogenen
Schichten gepresst. Es erhitzt sich dort und treibt, wieder an die
Erdoberfläche gefördert, Turbinen an. Nahezu 95 Prozent des geothermischen
Potenzials in Deutschland sind über das Hot-Dry-Rock-Verfahren erschließbar.
Hohes Fündigkeitsrisiko
Bei aller Euphorie gibt es allerdings auch Risiken. Die größten Risiken sind
die hohen Bohrkosten und die Unsicherheit, ob diese Bohrung überhaupt
erfolgreich ist, also ob das Wasser in ausreichender Menge und Temperatur
überhaupt gefördert werden kann. Fachleute sprechen hier vom
Fündigkeitsrisiko, welches aber durch Versicherungen abgedeckt werden kann
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